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Naturmedizin

Natürliche Blutdrucksenker

Was sich mit Roter Bete & Co erreichen lässt

Birgit Matejka

27.10.2021

Rote Bete, Hibiskustee und Leinsamen – die Liste der Nahrungsmittel, die eine blutdrucksenkende Wirkung haben sollen, ist lang. Sie können die medikamentöse Therapie mit konventionellen Präparaten zwar nicht ersetzen, aber doch effektiv unterstützen.

Gerade beim Bluthochdruck spielt die Ernährung eine wichtige Rolle. Viele Nahrungsmittel fördern, wenn sie dauerhaft in zu hohen Mengen verzehrt werden, einen zu hohen Blutdruck, andere hingegen wirken sich positiv aus das Herz-Kreislauf-System aus. Bei Letzteren stärken die Inhaltsstoffe nicht nur die Blutgefäße, sondern verbessern auch ihre Funktionalität und beugen so der Arteriosklerose vor. Inwieweit natürliche Blutdrucksenker eine anithypertensive Therapie unterstützen können, untersuchen zahlreiche Studien. Ihnen zufolge wirkt sich vor allem ein hoher Gehalt an Kalium und Nitrat sowie an antioxidativen Pflanzenstoffen günstig auf das Herz-Kreislauf-System aus. Ernährungsexperten raten dazu, diese Lebensmittel frisch und nicht als Extrakt zu konsumieren, da sie unverarbeitet meist viele weitere positive Komponenten enthalten.

Nitrat-Supplementierung mit Rote-Bete-Saft

Aus Nitrat, das mit der Nahrung aufgenommen wird, entsteht im Körper Nitrit. Das führte in Experimenten mit Ratten zu einer deutlichen Blutdrucksenkung. Hier scheint ein großes Potenzial zu schlummern. Und so wird der Nutzen von Nitratgaben derzeit ­intensiv in Studien überprüft. Besonders hohe ­Konzentrationen finden sich in Blattsalaten, etwa Rucola, sowie in Rhabarber, aber auch in Spinat, Kohlrabi und Sellerie, vor allem aber in Roter Bete. Darauf, dass sich der Blutdruck bei hypertonen ­Patienten durch, aus Rote-Bete-Saft stammendes, Nitrat tatsächlich signifikant senken lässt, deutet eine Studie mit 68 Probanden aus 2014 hin, deren mittlere Tages-Blutdruckwerte in der Langzeitmessung oberhalb von 130/85 mmHg lagen [1]. Die eine Hälfte nahm Antihypertonika ein, die andere trank vier Wochen täglich 250 ml nitratreichen oder ­nitratfreien Rote-Bete-Saft. Während die Blutdruckwerte in der Placebogruppe unverändert blieben, zeigten sich in der Nitratgruppe statistisch bedeutsame Unterschiede zu den Ausgangswerten. In der klinischen Messung sank der Blutdruck der Probanden unter dem Einfluss von nitrathaltigem Rote-Bete-Saft im Mittel um 7,7/2,4 mmHg. Für die 24-Stunden-Messung ergab sich eine Reduktion um 7,7/5,2 mmHg.

Die Nitrataufnahme führte außerdem zu einer verbesserten Gefäßfunktion. Die Dilatation der Arteria brachialis unter Spitzenfluss verbesserte sich um 1,0 % – ein Effekt, der unter Placebo nicht fest­zustellen war. Und die Pulswellengeschwindigkeit verlangsamte sich um 0,59 m/s. Den genannten Effekten liegt ein Stoffwechselweg zugrunde, der von Nitrat über Nitrit zu Stickstoffmonoxid führt. Ein wesentlicher Anteil des zugeführten und resorbierten anorganischen Nitrats gelangt über die Speicheldrüsen in die Mundhöhle, wo es von symbiotischen Bakterien zu Nitrit reduziert wird. Nach dem Schlucken des Speichels gelangt das ­Nitrit in den Blutkreislauf, wo es von Nitritreduktasen in Stickstoffmonoxid verwandelt wird. Dadurch weiten sich die Gefäße, und der Blutdruck sinkt. In der ­Studie stiegen durch den Rote-Bete-Saft die Nitratkonzentrationen im Plasma verglichen mit den Ausgangswerten ungefähr um das 5,5-Fache, die Nitritpegel lagen etwa um den Faktor 2,7 höher [1].

In einer aktuelleren, placebokontrollierten, doppelblinden und randomisierten Studie hat ein Forschungsteam der University of Nottingham die ­Wirkung von Rote-Bete-Saft gegen Bluthochdruck an 47 Hypertoniepatienten aus Tansania im Alter zwischen 50 und 70 Jahren untersucht [2]. Ihr mittlerer systolischer Blutdruck lag zwischen 130 und 170 mmHg. Die Studienteilnehmer erhielten 60 Tage lang entweder 70 ml nitratreichen Rote-Bete-Saft und Folsäure, nitratreichen Rote-Bete-Saft und ein Placebo oder nitratarmen Rote-Bete-Saft und ein Placebo. Anschließend stellten die Forschenden bei allen Versuchsgruppen eine signifikante ­Absenkung des 24-stündigen systolischen Blutdrucks fest, aber nur in der Gruppe des nitratreichen Rote-Bete-Safts plus Placebo ging auch der diastolische Blutdruck signifikant zurück (-5,4 ± 5,0 mmHg).

Eine handvoll Blaubeeren

Blaubeeren gelten wegen ihrer vielen gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe inzwischen als heimische „Superfruits“. Den Ergebnissen einer Studie zufolge haben sie auch das Potenzial, den Blutdruck zu senken [3]. Die Forscher servierten den 40 Studienteilnehmern einen Monat lang Blaubeersaft als ­Getränk. In der Wirkstoffgruppe enthielt der Drink 200 g Blaubeeren. Die Kontrollgruppe bekam ein ähnliches Getränk ohne die Früchte. Ein erster Effekt auf die Blutgefäße zeigte sich bereits zwei Stunden nach dem Konsum des Blaubeer-Drinks. Die Inhaltsstoffe der Beeren verbessern die Funktion der Endothelzellen. Nach einem Monat sank der systolische Druck der Blaubeer-Gruppe um 5 mmHg. Die Forscher fanden zudem heraus, dass die Effekte vor allem auf den enthaltenen Anthocyaninen beruhen, jenem Pflanzenfarbstoff, der den Beeren das kräftige Blau verleiht.

Zwei Tassen Hibiskustee pro Tag reichen aus

Dass schon das Trinken von zwei Tassen Hibiskustee täglich das Potenzial hat, einen erhöhten Blutdruck abzusenken, belegen die Resultate einer Vergleichsstudie aus dem Jahr 2020 [4]. Wissenschaftler haben dafür die Ergebnisse aus sieben Studien mit insgesamt 362 Teilnehmenden ausgewertet und zusammengefasst. Die Vergleichsstudie kam zu dem Ergebnis, dass der regelmäßige Konsum von Hibiskustee sowohl den systolischen als auch den diastolischen Bluthochdruck signifikant senkt. Bereits im Juli 2019 war eine Einzelstudie zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen [5]. Für die Untersuchungen waren 46 Patienten mit Bluthochdruck nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt worden. Beide Gruppen erhielten eine speziell auf die unterstützende Behandlung von Bluthochdruck ausgerichtete Ernährung sowie ein regelmäßiges Bewegungstraining. Lediglich eine Gruppe trank zusätzlich morgens und abends jeweils eine Tasse ­Hibiskustee. Nach einem Monat waren die Werte des systolischen Blutdrucks bei allen Studienteilnehmern signifikant niedriger als der Ausgangswert. Bei den Teilnehmern, die den Hibiskustee getrunken hatten, ließ sich allerdings sowohl beim systolischen als auch beim diastolischen Wert eine signifikant stärkere Reduktion beobachten.

Kleine Körner mit großer Wirkung

Schon im Jahr 2012 konnten Forscher im Zuge der doppelblinen FLAX-PAD-Studie zeigen, dass auch der tägliche Konsum von 30 g geschrotetem Leinsamen über einen Zeitraum von sechs Monaten den Blutdruck von Arteriosklerose-Patienten deutlich reduzieren kann [6]. Auf dem Speiseplan aller 110 Studienteilnehmer standen unter anderem ­Bagels, Muffins, Riegel, Brötchen, Pasta und ­Biskuits. Diese enthielten jedoch bei der einen ­Hälfte der Studienteilnehmer 30 g Leinsamen, bei der anderen stattdessen geschroteter Weizen. Nach sechs Monaten zeigten die Messungen, dass sich der systolische Blutdruck in der Leinsamen-Gruppe im Mittel signifikant von 143 auf 136 mmHg vermindert hatte, während die Werte sich in der Placebo-Gruppe sogar leicht erhöht hatten, von 142 auf 146 mmHg. Der diastolische Blutdruckwert sank in der Interventionsgruppe um 10 %. Bei den Probanden der Placebo-Gruppe veränderten sich diese Werte dagegen so gut wie nicht. Verantwortlich für die blutdrucksenkende Wirkung machen die Wissenschaftler das synergistische Zusammenspiel der Wirkkomponenten Alpha-Linolensäure, Enterolignan, Ballaststoffe und Peptide.

Kakao nur in Maßen

Sogar der Verzehr von einem kleinen Stück Schokolade kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken, insbesondere für Schlaganfall – ein Effekt, der zum Teil auf die blutdrucksenkende Wirkung der Schokolade zurückzuführen ist. Zu diesem Ergebnis kam ein Forscherteam vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE), nachdem es die Daten einer großen Langzeitstudie [7] mit circa 20 000 Teilnehmern ausgewertet hatte. Wie die Studie zeigt, haben Personen, die im Schnitt etwa 6 g kakaohaltige Schokolade pro Tag verzehren, im Vergleich zu Personen, die nur wenig Schokolade essen, ein um fast 40 % verringertes Risiko für Herz-Kreislauf-­Erkrankungen. Dabei sank das Schlaganfallrisiko um fast die Hälfte – das Herzinfarktrisiko verminderte sich um 27 %. Diesen Effekt führen die Forscher auf die Tatsache zurück, dass Kakao viele Flavanole enthält, die sich günstig auf die Elastizität der Blutgefäße und den Blutdruck auswirken. Allerdings sollte hier nicht nach dem Motto vorgegangen werden: Viel hilft viel. Denn trotz ihrer positiven Effekte macht Schokolade in ­großen Mengen konsumiert auch dick. Und es sollte unbedingt dunkle Schokolade sein.

Olivenbaumblätter lassen Blut besser fließen

Das aus den Früchten des Olivenbaums hergestellte Öl ist gesund und ein wichtiger Bestandteil der Mittelmeerdiät. Doch auch die Blätter des Olivenbaums haben es offenbar in sich. Die in ihnen enthaltenen ätherischen Öle sollen gut für Herz, Gefäße und Immunsystem sein. Dass ein alkoholischer Extrakt aus Olivenblättern in der Lage ist, einen moderat erhöhten Blutdruck zu senken, fand eine indonesische Forschergruppe schon 2011 heraus [8]. Diese randomisierte über 200 Patienten mit milder Hypertonie in zwei Gruppen. Während die eine zweimal täglich 500 mg eines alkoholischen Extrakts aus Olivenblättern erhielt, bekam die Kontrollgruppe den Blutdrucksenker Captopril. In der Olivenblattgruppe war der systolische Blutdruck nach achtwöchiger Behandlungszeit von 145 auf 134 mmHg gesunken. In der Captopril-Gruppe ließ sich ein etwas stärkerer Rückgang um 13,7 mmHg beobachten. Der diastolische Blutdruck sank um 4,8 mmHg unter dem Extrakt und um 6,4 mmHg unter Captopril. Die Autoren schließen daraus, dass Olivenblätter in der Therapie eines ­mäßigen Bluthochdrucks fast so effektiv sind wie Captopril. Das Nebenwirkungsprofil war unter beiden Behandlungen vergleichbar. Oleuropein, die biologisch aktive Substanz im Ölbaumblatt-Extrakt, und andere sekundäre Pflanzenstoffe der Blätter beeinflussen auch die Blutplättchenbildung, indem sie, ähnlich wie die Nährstoffe im Knoblauch, das Blut besser fließen lassen. In den Blättern ist der Wirkstoff 30-mal stärker vorhanden als in den Früchten des Olivenbaums bzw. im daraus gewonnenen Öl.

Univ.-Prof. Dr. med. Andreas Michalsen
Chefarzt
Abteilung Naturheilkunde
Immanuel Krankenhaus Berlin

andreas.michalsen@immanuelalbertinen.de

Es lohnt sich immer, etwas zusätzlich zu tun

Phytotherapeutika spielen für die Blutdrucksenkung kaum noch eine Rolle, da sie es mit den konventionellen blutdrucksenkenden Medikamenten nicht mehr aufnehmen können. Diese sind gut etabliert und neben­wirkungs­arm. Da braucht es keine teuren pflanzlichen Präparate, die nicht sicher wirken. Eine Ausnahme bildet eventuell noch der Extrakt von Olivenbaumblättern. Zu Nahrungsmitteln wie Rote Bete und Hibiskustee oder Grünem Tee, Kakao oder Heidelbeeren gibt es hingegen eine Menge Studien, welche deren gute blutdrucksenkende Wirkung belegen. In den Arztpraxen müsste stärker vermittelt werden, dass der essenzielle Bluthochdruck keine unveränderbare Erkrankung ist, die man einfach hinnehmen muss. Bluthochdruck lässt sich sicher nicht durch eine Portion Heidelbeeren am Tag heilen. Aber es lohnt sich immer, etwas zusätzlich gegen die Hypertonie zu tun, unabhängig davon, wie hoch der Blutdruck ist. Wenn jemand vier Blutdrucksenker einnimmt und er kann durch den regelmäßigen Verzehr von Beeren, Kakao und Leinsamen vielleicht erreichen, dass er eines dieser Präparate absetzen kann, dann ist schon viel gewonnen. So haben z. B. 30 g Leinsamen täglich eine ähnliche Wirkung wie ein ACE-Hemmer oder ein Beta-Blocker. Natürlich will nicht jeder täglich einen viertel bis halben Liter Rote-Bete-Saft trinken. Deshalb gebe ich meinen Patienten eine Liste mit zehn Nahrungsmitteln mit, die wissenschaftlich belegt blutdrucksenkend wirken und weise sie an, ein bis zwei davon täglich zu sich zu nehmen. Das ist nicht hochpräzise, weil nicht alle in gleichem Maß blutdrucksenkend wirken. Aber das bringt etwas Abwechslung in den Speiseplan.

1 Kapil V et al., Hypertension 2015; 65: 320–327
2 Siervo M et al., J Nutr 2020; 9: 2460–2468
3 Rodriguez-Mateos A et al., Journals Gerontol: Series A 2019; 74: 967–976, https://doi.org/10.1093/gerona/glz047
4 Najafpour S et al., Phytother Res 2020; https://doi.org/10.1002/ptr.6541
5 Jalalyazdi M et al., J Adv Pharm Technol Res 2019; 10: 107–111
6 Rodriguez-Leyva D et al., Hypertension 2013; 62: 1081–1089
7 Heiss C et al., Eur Heart J 2010; 31: 1554–1556
8 Susalit E et al., Phytomed 2011; 18: 251–258

Bildnachweis: Grishina Tatiana, retrorocket, Polina Shakirova (gettyImages); privat

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