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Fokus Naturmedizin

Herzinsuffizienz

Das Herz mit kardioprotektiven Arzneipflanzen stärken

Dr. phil. nat. Miriam Neuenfeldt

18.11.2022

Die Herzinsuffizienz betrifft etwa 4–5 % der Menschen in Deutschland und gehört zu den häufigsten Todesursachen [1]. Verfügbare kardioprotektive Heilpflanzen können geschickt kombiniert und den individuellen Bedürfnissen der Herzinsuffizienzpatienten angepasst werden.

 Als Phytotherapeutika zur inneren Anwendung bei Herzinsuffizienz (Schweregrade gemäß New York Heart Association [NYHA] I und II) sowie beim Altersherz sind an erster Stelle Weißdornblätter mit Blüten (Crataegi folium cum flore) zu nennen. Sie wirken positiv inotrop und dromotrop sowie negativ chronotrop und bathmotrop. Weißdorn erhöht die Koronar- und Myokarddurchblutung, senkt den peripheren Gefäßwiderstand und verbessert insgesamt die Ökonomie der Herzarbeit [2].

Die Evidenz spricht für Weißdorn. Eine Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration zu Weißdornextrakten kam nach Auswertung von zehn Studien, die 855 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz (NYHA I–III) einschlossen, zu einem positiven Ergebnis, da Parameter wie die maximale Arbeitsbelastung signifikant verbessert wurden. Den Autoren zufolge sind Weißdornextrakte mögliche begleitende Therapieoptionen zur Symptomkontrolle für Herzinsuffizienzpatienten [3].

In der SPICE-Studie wurden 1 442 Patienten mit kongestiver Herzinsuffizienz (NYHA II–III) und reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF ≤ 35 %) eingeschlossen. Sie erhielten ergänzend zu ihrer medikamentösen Therapie den Weißdornextrakt WS 1442 (900 mg/Tag) oder Placebo für 24 Monate. Es zeigte sich eine verringerte kardiale Mortalität durch den Weißdornextrakt. Der Trend war allerdings nicht statistisch signifikant. In der Subgruppe mit LVEF ≥ 25 % führte WS 1442 zu einer signifikanten Verringerung der plötzlichen kardialen Todesfälle (Abb.). Folglich hat Weißdornextrakt das Potenzial zumindest bei Patienten, deren linksventrikuläre Funktion in geringerem Maße beeinträchtigt ist, die Häufigkeit des plötzlichen Herztods zu reduzieren [4].

Mehrere randomisierte kontrollierte Studien zum Weißdornextrakt WS 1442 zeigen einen Anstieg der funktionalen Kapazität, eine Verringerung der invalidisierenden Symptome und eine Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Klinische Studien, einschließlich einer zur 2-Jahres-­Mortalität unter Polypharmazie mit mehr als 1 300 Patienten, sowie Post-Marketing-Studien haben gezeigt, dass der Weißdornextrakt ein vorteilhaftes Sicherheitsprofil bei Patienten mit Herzinsuffizienz (NYHA II–III) aufweist. Es wurden in den Studien zu WS 1442 ­keine Arzneimittelinteraktionen beobachtet [5].

Herzglykoside

Neben Weißdornextrakten finden in der phytotherapeutischen Behandlung der Herzinsuffizienz Digitaloiddrogen Anwendung. Dazu gehören u. a. Adoniskraut, Maiglöckchenkraut, Meerzwiebel und Oleanderblätter (Tab.). Ihre pharmakologische Wirkweise ist vergleichbar mit den Digitalisglykosiden aus dem Fingerhut. Sie wirken positiv inotrop und bathmotrop sowie negativ chronotrop und dromotrop. Insgesamt verbessern Herzglykoside die Ökonomie der Herzarbeit. Bei Überdosierung besteht jedoch die Gefahr von Herzrhythmusstörungen bis hin zu Kammerflimmern [2].

Bedarfsgerechte Kombinationen

Kardioprotektiver Weißdorn kann in Form von ­Monopräparaten angewendet werden. Darüber ­hinaus stehen zur gleichzeitigen Behandlung von weiteren Beschwerden wie Unruhe oder Nervosität Kombinationspräparate mit Weißdorn zur Verfügung, beispielsweise mit:

  • Maiglöckchenkraut (und Adoniskraut),
  • Mistelkraut und Ginkgoblättern,
  • Herzgespannkraut, Melissenblättern und Baldrianwurzel oder
  • Passionsblumenkraut, Baldrianwurzel und Rutosid.

Herzgespannkraut kann bei nervösen Spannungszuständen und nervösen Herzbeschwerden angewendet werden. Es wirkt leicht negativ chronotrop und dromotrop, antiarrhythmisch und geringfügig blutdrucksenkend. Dadurch hat Herzgespannkraut sedative Effekte und verbessert den Koronardurchfluss. Melissa officinalis (Zitronenmelisse) wird ebenfalls zur Beruhigung von Herzbeschwerden verwendet. Die Arzneipflanze wird meistens in Kombinationspräparaten als beruhigendes Element eingesetzt [2,7].

Äußerlich werden bei Herzinsuffizienz (NYAH I und II) sowie beim Altersherz Herzsalben mit ätherischen Ölen, die hyperämisierend wirken (Eukalyptus-, Fichtennadel-, Rosmarinöl), oder mit Menthol bzw. Campher angewendet. Solche Herzsalben zeigen sowohl analgetische als auch spasmolytische Effekte [2].

Weitere Optionen

Phytotherapeutika aus der Traditionellen Chinesischen Medizin können die Symptome einer Herzinsuffizienz und die Herzleistung ebenfalls verbessern. Studien zu den vorteilhaften Effekten gibt es vor allem zu Aconiti radix lateralis praeparata, Astragali radix und Salviae miltiorrhizae radix [8]. Zudem liegt Evidenz zu traditionellen chinesischen Präparaten mit Ginseng vor, die als begleitende Therapieoption bei Herzinsuffizienz Vorteile zeigen [9].

Die positiven Effekte von Knoblauch auf das Herz-Kreislauf-System resultieren aus der Verbesserung von Gesamt- und LDL-Cholesterin, Nüchternblutzucker sowie Blutdruck und werden insbesondere mit dem enthaltenen Allicin begründet. Dessen Stoffwechselabbauprodukt, das Allylmethylsulfid, ist Gegenstand aktueller Forschung zur Prävention der Herzinsuffizienz [10]. Auch antioxidativ und ­antiinflammatorisch wirksame Polyphenole wie Resveratrol (z. B. aus Weintrauben) oder Curcumin (aus Kurkuma) werden hinsichtlich präventiver ­Effekte und Verlangsamung des Krankheitsverlaufs bei Herzinsuffizienz untersucht [11,12].

Bis NYHA II kann eine Herzinsuffizienz effektiv behandelt werden, indem je nach individueller Patientensituation verschiedene herzwirksame oder auch beruhigende Heilpflanzen miteinander kombiniert werden, sodass die Behandelten von synergistischen Effekten profitieren. Ab NYHA III sollte die Phytotherapie begleitend zu klassischen Arzneimitteln für die Behandlung der Herzinsuffizienz eingesetzt werden.

Die Autorin

Dr. phil. nat. Miriam Neuenfeldt
Wissenschaftliche
Autorin & Referentin
18439 Stralsund

info@phar-med.de
www.phar-med.de

  1. BÄK, KBV, AWMF Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische Herzinsuffizienz, 3. Auflage, 2019; AWMF-Reg.-Nr. nvl-006
  2. Schmiedel V, Augustin M, Leitfaden Naturheilkunde – Methoden, Konzepte und praktische Anwendung. 7. Auflage, Elsevier Verlag, München 2017; ISBN 978-3-437-55143-7
  3. Pittler MH et al., Cochrane Database Syst Rev 2008; 1: CD005312
  4. Holubarsch CJ et al., Eur J Heart Failure 2008; 10: 1255–1263
  5. Holubarsch CJF et al., Am J Cardiovasc Drugs 2018; 18: 25–36
  6. Rippe O, Madejsky M, Traditionelle Heilpflanzenkunde und Phytotherapie. AT Verlag, 4. Auflage, 2019; ISBN 978-3-03902-006-5
  7. Bachmann C et al., Ganzheitsmed 2016; 28: 190–196
  8. Hempen M, Praxis zkm 2018; 5: 35–39
  9. Karmazyn M et al., Can J Physiol Pharmacol 2017; 95: 1170–1176
  10. Mohammed SA et al., Biomed Pharmacother 2021; 138: 111316
  11. Sung MM et al., Ann N Y Acad Sci 2015; 1348: 32–45
  12. Sunagawa Y et al., Yakugaku Zasshi 2020; 140: 471–477

Bildnachweis: ma_ris (gettyimages); privat

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