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Dermatologie

Sport- und Freizeitmykosen

Von Ringerpilz bis Athletenfuss

Prof. Dr. med. Peter Mayser

23.9.2022

Durch erhöhte Schweißsekretion und darauffolgende Mazeration der Haut, aber auch falsche oder nicht ausreichend gereinigte Bekleidung ziehen sich Sportler nicht selten eine Pilzerkrankung zu. Das breite Spektrum an Dermatomykosen bei Sporttreibenden stellt Prof. Dr. med. Peter Mayser dar.

Sport und sportliche Freizeitbetätigungen sind populär und ein wichtiger Faktor für die Gesundheit, gehen aber auch mit einem erhöhten Risiko für Erkrankungen, insbesondere Infektionen, einher. In einer systematischen Literaturübersicht über einen Zeitraum von 20 Jahren (51 Artikel) stehen Infektionen mit multiresistenten Staphylokokken an der Spitze (in 27,4 % der Artikel), gefolgt von Dermatomykosen (v. a. Tinea corporis/capitis; 13,7 %) und Leptospirosen (11,7 %).  Das hohe Risiko für Dermatomykosen begründet sich in starker Exposition (z. B. Schwimm- und Mattensport) sowie der Entstehung von Mazerationen und Mikrotraumen (z. B. Laufsport).

Erhöhtes Risiko bei Kontaktsportarten

Infektionen durch Trichophyton (T.) tonsurans, auch Ringerpilz genannt, treten vornehmlich bei Ringern, aber auch bei Judosportlern auf („Tinea gladiatorum“). Die Infektionen sind hochkontagiös und verursachen nicht selten kleine Epidemien, insbesondere dann, wenn die Erkrankung verkannt wird. Die Übertragung erfolgt durch direkten Hautkontakt, wobei die ggf. durch Schwitzen beeinträchtigte Hautbarriere die Invasion des Erregers begünstigt. Hierbei ist die direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung bedeutsam, wobei auch asymptomatischen Überträgern eine wichtige Rolle zukommt, da sie als Reservoir dienen können. T. tonsurans, ein anthropophiler Dermatophyt, war bisher – im Gegensatz zu den USA – in Europa selten, wird aber zunehmend häufiger auch als Erreger einer Tinea capitis nachgewiesen. Ausgedehnte Erkrankungen erfordern meist eine systemische antimykotische Therapie, vorrangig mit Terbinafin (Abb. 1). Eine lokale Kombinationstherapie aus einem Antimykotikum und einem Glukokortikosteroid kann zu einer raschen Linderung des quälenden Juckreizes führen und auch eine weitere Autoinokulation durch Kratzen verhindern. Eine Umgebungsdekontamination ist zudem wichtig, um eine erneute Ansteckung über die Kleidung zu vermeiden. Ferner sollten die Trainings- und Wettkampfpartner informiert und hautärztlich untersucht werden. Ein Wettkampfverzicht von 15 Tagen nach Beginn einer systemischen Therapie wird in der Literatur empfohlen.

Die häufigste Manifestation: Tinea pedis

Eine der häufigsten Erkrankungen bei Sportlern ist die Tinea pedis, bedingt meist durch den anthropophilen Dermatophyten Trichophyton (T.) rubrum. Eine der größten epidemiologischen Studien über Tinea pedis bei sportlich Aktiven, das Achilles-Projekt, umfasste über 100 000 Europäer und wies ein signifikant 1,6- bis 2,3-fach höheres Vorkommen von Tinea pedis bei sportlich aktiven Individuen nach (Tab.). Altersspezifische Effekte zeigten sich insbesondere bei Kindern unter 18 Jahren – in dieser Altersgruppe ebenso wie bei den über 64-Jährigen auch bezüglich der Onychomykose. Letztere manifestiert sich im Zuge der Ausbreitung der Infektion und wird begünstigt durch rezidivierende Mikrotraumen der Nägel, insbesondere bei Laufsportlern (> Sportmedizin). Auch bei Profisportlern (hier Fußballer) war eine Tinea pedis deutlich häufiger nachzuweisen (31/84; 36,9 %) als in einer Vergleichskohorte altersentsprechender Beschäftigter aus unterschiedlichen Industriezweigen (263/8 186; 3,2 %).

Die Tinea pedis in ihren klinischen Erscheinungs­formen scheint oft unterdiagnostiziert und unzureichend behandelt. Im Allgemeinen werden drei Formen unterschieden:

  • Interdigitale Form (Abb. 2): Mazeration und groblamelläre Schuppung, am häufigsten in dem besonders engen dritten und vierten Zehenzwischenraum. Durch Ablösung der mazerierten Schichten entstehen nässende Erosionen und Rhagaden. Die Erkrankung greift auf die Zehenunterseite über. Bei Hyperhidrose (Tragen von Gummistiefeln, Sportschuhen) kann es zu akutem Aufflammen der Erscheinungen mit starkem Juckreiz kommen.
  • Squamös-hyperkeratotische Form (Abb. 3): Sie ist meist durch eine aphlegmasische, diffus schuppende Keratose der gesamten Fußsohle charakterisiert. An den Fußrändern zeigt sich eine scharf begrenzte, randbetonte Schuppung auf erythematösem Grund (Mokassin-Mykose). Eine Miterkrankung der Nägel ist häufig. Bemerkenswerterweise wird insbesondere die squamös-hyperkeratotische Tinea pedis plantaris von den Sportlern nicht als solche wahrgenommen. Die Veränderungen werden als trockene Haut, bedingt durch die mechanische Belastung der Fußsohlen, gedeutet. Diese Form ist sicherlich bedeutsam für die hohe Umgebungskontamination von Sportmatten, was bei Judokämpfern durch Untersuchung der Tatamis nachweisbar war.
  • Vesikulös-dyshidrotische Form (Abb. 4): Besonders am Fußgewölbe sowie Klein- und Großzehenballen kommt es zu dyshidrosiformen, oft leicht getrübten Bläschen auf gering entzündlich gerötetem Grund. Es besteht heftiger Juckreiz, gelegentlich findet sich ein dyshidrosiformes Mykid der Hände. Selten entstehen größere Blasen (Pompholyx oder bullöser Typ der Tinea pedis). Bei fehlender Schuppung gelingt der Pilznachweis (häufig T. interdigitale) aus dem Blasendach (Nativpräparat, Histologie).

Im Regelfall ist bei der Tinea pedis eine topische Lokaltherapie mit Vertretern anerkannter Wirkstoffklassen angezeigt und ausreichend, insbesondere mit Azolen (Clotrimazol, Miconazol, Econazol, Bifonazol, Sertaconazol, Tioconazol o. Ä.), Hydroxypyridonen (Ciclopiroxolamin), Allylaminen (Naftifin, Terbinafin) und Morpholinen (Amorolfin). Um Rezidive zu vermeiden, sollte die Lokalbehandlung etwa drei bis vier Wochen über die klinische Heilung hinaus fortgesetzt werden, bis die ruhenden Arthrosporen durch den physiologischen Erneuerungsprozess der Haut mit den oberen Schichten des Stratum corneum eliminiert sind. Die interdigitalen sowie insbesondere auch die vesikulös-dyshidrotischen Formen der Tinea pedis verursachen starken Juckreiz und können auch durch die durch Kratzen weiter beeinträchtigte Barrierefunktion potenzielle Eintrittspforten für die Entwicklung eines Erysipels darstellen. In diesen Fällen empfiehlt sich die Kombination eines Antimykotikums mit einem Glukokortikosteroid, um die Entzündung zu reduzieren und die Barrierefunktion rasch wiederherzustellen. Bei der squamös-hyperkeratotischen Form ist aufgrund der Dicke der Leistenhaut eine systemische Therapie empfehlenswert, z. B. mit Terbinafin 250 mg/Tag über vier Wochen. Oft stellen Fußmykosen auch die erste Manifestation einer Tinea-Erkrankung dar, von der sich die Erkrankung dann auf weitere Körperpartien ausdehnt. Dies unterstreicht die Bedeutung einer Ganzkörperuntersuchung bei nachgewiesener Mykose im Fußbereich.

Komplikation bei Tinea pedis: rezidivierende Erysipele

Eine Fußmykose sollte frühzeitig diagnostiziert und therapiert werden, da neben dem Ausbreitungsrisiko auch die Gefahr besteht, Eintrittspforten für bakterielle Folgeinfektionen wie das Erysipel zu generieren. Erysipele, insbesondere rezidivierende, bedeuten ein erhebliches Gesundheitsrisiko sowie die Gefahr der Leistungseinschränkung für sportlich Aktive. Cannon et al. werteten über einen Zeitraum von elf Jahren die epidemiologischen Daten sowie die Risikofaktoren von Patienten aus, die erstmalig an einem Erysipel des Unterschenkels litten. Unabhängige Risikofaktoren waren insbesondere Varikosis (Odds Ratio [OR] 2,95), Lymphödem (OR 2,65), Tinea pedis (OR 3,05) sowie eine Vena-saphena-Entnahme während einer Bypass-Operation (OR 1,74). Obwohl die OR für die Tinea pedis den höchsten Wert und die Erkrankung somit das höchste Risiko für das Entstehen eines Unterschenkel-Erysipels aufwies, war der Unterschied bezogen auf eine Vergleichsgruppe nicht signifikant. Eine Untersuchung von Müller et al. an 150 Patienten mit Unterschenkel-Erysipel ergab, dass 51 % der Patienten mit Erysipel und 32 % der Kontrollgruppe an einer Tinea pedis litten. Es ergab sich eine signifikante Beziehung zwischen einer interdigitalen Tinea pedis und dem rezidivierenden ­Erysipel, nicht aber mit einem Erysipel an sich. Letzteres zeigte eine signifikante Assoziation mit dem Nachweis von S. aureus, während der Nachweis von nicht pathogenen aeroben Bakterien eher protektiv war. Die Studienergebnisse zeigten somit, dass das Auftreten eines Erysipels mit der Zusammensetzung der bakteriellen Zehenzwischenraum-Flora verbunden ist, während die Rezidivrate mit einer interdigitalen Tinea pedis korreliert. Quirke et al. fanden in ihrem systematischen Review sechs Fall-Kontroll-Studien zum Erysipel, die für eine Metaanalyse geeignet waren. Ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Erysipels zeigten ein bereits vorangegangenes Erysipel (OR 40,3), bestehende Wunden (OR 19,1), ein bestehendes Ulcus cruris (OR 13,7), Lymphödeme (OR 6,8), eine Hauterkrankung mit Exkoriationen (OR 4,4), die Tinea pedis (OR 3,2) und ein Body-Mass-Index > 30 kg/m2 (OR 2,4) (> Adipositas). Lokale Risikofaktoren gingen in der Studie mit einem höheren Risiko einher als systemische Risikofaktoren wie Diabetes mellitus, Rauchen und Alkoholgenuss, ­deren Einfluss durchweg keine Signifikanz erreichte. Gerade die Behandlung lokaler Risikofaktoren sollte daher in die Behandlung des Erysipels einbezogen werden. Aufklärung wie auch verstärkte Maßnahmen der Prävention und Umgebungssanierung sind daher dringend erforderlich.

Verbreitung und Prävention der Tinea pedis

Bei der Tinea pedis erfolgt die Übertragung meist auf indirektem Wege: die aus den Pilzherden stammenden infektiösen Hautschuppen, Haare und ­Nagelteile gelangen zunächst in die Umgebung des Kranken, in Strümpfe und Schuhe, in die Wäsche und auch in die Umgebung (z. B. Schwimmbäder, Trainingshallen, Umkleideräume). Die Sporen der pathogenen Pilze sind bis zu 18 Monaten lebensfähig. Die hieraus resultierende Umgebungskontamination mit umweltresistenten Sporen der Pilze scheint auch für die signifikant höhere Häufigkeit von Fußmykosen bei sportaktiven Kindern und ­Jugendlichen verantwortlich zu sein. Auch ­Sportschuhe stellen ein ideales Erregerreservoir für human­pathogene Pilze dar. Jede erneute Nutzung des Schuhes bringt die Gefahr der Reinfektion beziehungsweise führt zur Manifestation des vorhandenen Krankheitsbildes. Hierbei spielen Feuchtigkeitsstau, Hyperhidrose, Mazeration sowie Mikrotraumen eine Rolle. So haben Marathonläufer ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung zweifach erhöhtes Risiko, eine Fußmykose zu entwickeln. Eine Reihe von Maßnahmen erwies sich als effektiv in der Behandlung kontaminierter Fußbekleidung, z. B. eine topische Terbinafin-Anwendung, UV-Licht oder Ozon. Hammer et al. wiesen darauf hin, dass es nicht nur öffentlich genutzte (Freizeit-)Einrichtungen sein müssen, in denen eine (Fuß-)Mykose erworben werden kann. Eine Ausbreitung innerhalb der Familie kann bei einem erkrankten Familienmitglied auch über die Wäsche erfolgen, wenn diese bei niederen Temperaturen gereinigt wird. Es wird daher empfohlen, kontaminierte ­Wäsche getrennt aufzubewahren und ebenso getrennt zu waschen. Strümpfe und Handtücher sollten bei 60 °C gewaschen werden. Auch in der neuen Leitlinie „Onychomykose“ wird eine Rezidivprophylaxe durch regelmäßige Desinfektion des Schuhwerks empfohlen. Zur Schuhdesinfektion eignen sich beispielsweise Dosiersprays mit einer wässrigen Lösung, die kein Treibgas und Alkohol enthalten, die Farbe der Schuhe nicht angreifen und aufgrund zweier quartärer Ammonium-Verbindungen (Didecyldimethylammoniumchlorid sowie Polyhexamethylenbiguanid HCl) eine hohe Wirksamkeit besitzen. Sie sollte während der Therapie ca. alle 2 Wochen, danach im Rhythmus von 4 bis 6 Wochen angewendet werden. Dabei wird der Schuhinnenraum mit 5–7 Sprühstößen gleichmäßig eingesprüht. Nach einer Mindesteinwirkzeit von 10 Minuten sollten nur vollständig getrocknete Schuhe wieder getragen werden. Ausführliche „Guidelines“ zur Prävention von „fungal infections in athletes” finden sich auch in der Übersichtsarbeit von Daggett et al.

sportDas Spektrum der Differenzialdiagnosen der Tinea pedis ist breit. Beim intertriginösen Typ sind die einfache Intertrigo, bakterielle Fußinfekte (insbesondere der gramnegative Fußinfekt) sowie die Candidose abzugrenzen, beim squamös-hyperkeratotischen Typ vor allem hyperkeratotische oder hyperkera­totisch-rhagadiforme Fußekzeme, Psoriasis plantaris, Lichen ruber und hereditäre Keratosen.

Dem dyshidrosiformen Typ können dyshidrosiforme Ekzeme (meist doppelseitig) sowie Psoriasis pustulosa palmaris et plantaris ähneln. Der Nachweis eines Dermatophyten (Mikroskopie, Kultur, molekulare ­Methoden) ist diagnostisch entscheidend.

Mykosen durch zoophile oder geophile Dermatophyten

Seltener werden Mykosen durch zoophile oder geophile Erreger bei Sportlern, insbesondere bei Reitsportlern, beobachtet. Die Tiere sind oft nicht selbst erkrankt, aber asymptomatische Überträger eines gelegentlich auch aus der Umgebung (Erdboden, Heu etc.) stammenden Erregers wie Nannizzia (N.) praecox. Weitere Dermatophyten, die von Pferden übertragen werden können, sind T. verrucosum, T. equinum und T. bullosum. Insbesondere die durch T. verrucosum, den Erreger der Rinderflechte, verursachten Infektionen zeigen meist eine ausgeprägte Entzündungsreaktion (vgl. auch Beitrag „Zoophile Mykosen“ auf S. 13). N. praecox, früher bekannt als Microsporum praecox, wurde erstmals 1954 von Rivalier beschrieben. Bisher gilt dieser Erreger als Rarität, ist aber vermutlich unterdiagnostiziert. Humane Erkrankungen entstehen meist nach Pferdekontakt, sind häufig im Bereich der Extremitäten lokalisiert und zeigen oft einen entzündlichen Verlauf. Drei kürzlich in Deutschland innerhalb eines Jahres nachgewiesene Fälle lassen eine höhere Häufigkeit vermuten, vermutlich auch im Zusammenhang mit einer zunehmend höheren Popularität des Reitsports.

Fallbeispiel: Eine 15 Jahre alte Hobby-Reiterin bemerkt seit zwei Monaten Juckreiz, Schuppung und Bläschenbildung zunächst im Bereich der rechten Hand (Abb. 5). Bei Verdacht auf ein allergisches Kontaktekzem erfolgt eine systemische und lokale ­Glukokortikoidtherapie ohne Besserung. Die mykologische Diagnostik erbringt den Nachweis von N. praecox. Die von zehn Pferden des Reitstalls angefertigten Bürstenabklatschkulturen sind alle ­negativ. Aufgrund der Beteiligung der Leistenhaut wird – nach Aufklärung und Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten (Heilversuch gemäß AMG) – eine systemische antimykotische Therapie durchgeführt (Terbinafin HCl 250 mg täglich für 21 Tage).

Zusammenfassend kann man feststellen, dass sportliche Aktivitäten für den ­Erwerb und die Verbreitung von Dermatophytosen bedeutsam sind. Neben ungewöhnlichen Krankheitsmanifestationen und Erregern sind insbesondere auch epidemiologische Aspekte zu berücksichtigen, wie es das Auftreten von Kleinepidemien bei Kontaktsportlern (Ringern, Judoka) durch v. a. T. tonsurans, aber auch das auf das Lebensalter bezogen immer frühere Auftreten von Fußmykosen (vornehmlich durch T. rubrum) zeigen. Aspekte der Prophylaxe und der Umgebungssanierung sollten hier mehr Berücksichtigung finden. Für die Praxis „lohnt“ es sich, immer auch die Sport- und Freizeitanamnese zu erheben.

Der Autor

Prof. Dr. med. Peter Mayser
Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten

p.mayser@t-online.de

Literatur beim Autor

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