- Anzeige -
Abrechnung

Nesselsucht

Urtikaria in der Abrechnung

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter

7.3.2023

Die Auslöser einer Urtikaria sind vielfältig: neben der Allergie finden sich auch immunologische Phänomene, physikalische Reize der Haut durch Wärme, Kälte, Licht, Druck oder Wasser, aber auch psychischer Stress. Die Abrechnungs­möglichkeiten für Diagnostik und Therapie der verschiedenen Formen hier im Überblick.

Der Begriff „Allergie“ stammt von dem Wiener Kinderarzt Freiherr Clemens von Pirquet aus dem Jahr 1906. Er erkannte, dass Antikörper nicht nur schützende Immunantworten vermitteln, sondern auch Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen. Danach definierte er die Allergie als „veränderte Fähigkeit des Körpers, auf eine fremde Substanz zu reagieren“. Dies umfasst sowohl die verstärkte (Hyperergie), die verminderte (Hypoergie) wie auch die fehlende (Anergie) Reaktion auf Antigene. Je nach Reaktion des Körpers gibt es unterschiedliche Krankheits­formen, bei denen die Symptomatik an verschiedenen Organen des Körpers auftritt – akut und/oder rezidivierend. Auch Mischformen kommen vor.

Symptome der Allergischen Reaktion
  • Reaktion der Schleimhäute (allergische ­Rhinitis, Mundschleimhautschwellungen, Konjunktivitis)
  • Reaktionen der Atemwege (Asthma bronchiale)
  • Reaktionen der Haut (atopische Dermatitis, Kontaktekzem, Urtikaria)
  • Reaktionen des Gastrointestinaltrakts (Erbrechen, Durchfall)
  • anaphylaktischer Schock

Fallbeispiel

56-jährige Patientin mit stark juckendem Hautausschlag

Eine 56-jährige Patientin stellt sich wegen eines Hautausschlages vor, dessen starker Juckreiz sie vor allem nachts kaum schlafen lasse. Anamnestisch werden Haustiere (Tierhaarallergie), Feuchtigkeit in der Wohnung (Schimmelpilzallergie), Teppichböden (Hausstaubmilben), Nahrungsmittelallergien und Medikamenteneinnahme verneint, es seien keine neuen Substanzen in Gebrauch. In der körperlichen Untersuchung zeigen sich ein normaler Blutdruck (RR 130/65 mmHg, Puls 68), eine ausgeprägte Urtikaria an Armen und Rumpf sowie Kratzeffekte an den Unterarmen. Weiterhin mehrere Naevi am gesamten Integument und zwei ­kleine Hämangiome am Rücken. Der gesamte Hautstatus wird erhoben, die Naevi ­dermatoskopisch genau untersucht. Bei intensiverem Nachfragen wird ein berufsbedingter Umgang mit neuen Substanzen (Kartonagen) angegeben – der Juckreiz bestehe wohl seither, die Hauterscheinungen haben sich etwas später gezeigt.

Der Verdacht auf eine kontaktallergische Reaktion der Haut wird mit der Patientin besprochen. Da die Patientin schon ein kortikoidhaltiges Externum aufgetragen hatte, wird ein Termin zur Epikutantestung eine Woche später vereinbart und der Patientin vorab eine Allergenkarenz empfohlen.

Eine Woche später erscheint die Patientin zur Durchführung der Epikutantestung. Die Diagnose der Kontaktallergie wird mit ihr erörtert, ebenso die therapeutischen Konsequenzen. Bei sensibilisierten Personen ist die Allergenkarenz, d. h. die Allergenvermeidung, wichtig, um zum einen das Auslösen einer allergischen Reaktion und zum anderen einen „boost“ der IgE-Antwort zu vermeiden.

Da bei bereits sensibilisierten Personen die Möglichkeit besteht, dass der ­wiederholte Allergenkontakt eine Verstärkung der Allergen-spezifischen IgE-Produktion auslöst, wird dies der Patientin in der Beratung entsprechend ­erklärt und ein Termin zur Kontrolluntersuchung vereinbart. Therapeutisch wird ihr ein entsprechendes Antihistaminikum verordnet. Während des folgenden ­Termins berichtet die Patientin, dass eine komplette Allergenvermeidung aus beruflichen Gründen nicht möglich sei. Sie habe das Arbeiten mit den Kartonagen jedoch sehr stark reduzieren können, wodurch sich die Urtikaria wie auch der Juckreiz deutlich zurückgebildet hätten. Das Antihistaminikum wird bei beruflich bedingter Allergenexposition weiter angewendet, worunter sich die allergische Reaktion gut beeinflussen lässt.

Die eingehende Erörterung ist mit der Gebühr nach GO-Nr. 3 berechnungsfähig. Gegebenenfalls wäre auch die Leistung nach GO-Nr. 34 zu berechnen, wenn die Voraus­setzungen dafür berücksichtigt werden: „Erörterung (Dauer mind. 20 ­Minuten) der Auswirkungen einer Krankheit auf die Lebensgestaltung in unmittelbarem ­Zusammenhang mit der Feststellung oder erheblichen Verschlimmerung einer nachhaltig lebensverändernden oder lebensbedrohenden Erkrankung …“ Lebensbedrohend ist die Urtikaria im Normalfall zwar nicht, aber möglicherweise nachhaltig lebensverändernd. Insofern wäre auch an diese Leistungsposition zu denken.

Der Autor

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de

Dr. Dr. Peter Schlüter ist promo­vierter Naturwissenschaftler und ­Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemein­medizin mit betriebs­­wirtschaftlich ­opti­mierter Praxis nieder­gelassen. Als Berater zu allen ­Fragen der Praxisorganisation, Praxis­manage­­ment und ­Abrechnung ist er seit 1987 tätig.

Bildnachweis: privat

Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

123-nicht-eingeloggt