- Anzeige -
Abrechnung

Vorsorge

Bei Check-Up auf Gesundheitserhalt fokussieren

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter

30.11.2023

Gesundheitsuntersuchungen dienen nicht nur der Feststellung möglicher Erkrankungen oder von Risikofaktoren.Gerade wenn keine Befunde erhoben wurden, sollten Behandler mit ihren Patienten erörtern, was diese tun können, um ihre Gesundheit langfristig zu erhalten, und wie ihre Ärzte sie ggf. dabei unterstützen können.

Beruflicher Stress zehrt an den Nerven, Zeitmangel durchkreuzt die Pläne für gesunde Ernährung. Zudem hindern uns viele Verpflichtungen des Alltags an einer ausreichenden Bewegung. Da sind Erkrankungen vorprogrammiert. Doch auch bei gesunder Lebensweise kann es zu Erkrankungen kommen. Ein Grund mehr, sich regelmäßig einem Gesundheitscheck zu unterziehen.

Dabei werden (ggf. schon vorhandene) Risikofaktoren (z. B. erhöhtes Cholesterin), aber vor allem gesundheitliches Fehlverhalten und Lebensstilfaktoren, die wiederum zu Risikofaktoren und damit zu Erkrankungen führen können, erkannt.

Die Gesundheitsvorsorge ist unter dem Begriff „Check-up“ mittlerweile in aller Munde. Doch im Grunde sind die Begrifflichkeiten eine sprachliche Fehlkonstruktion. Denn Check-up stellt primär – wie oben erwähnt – nur eine Untersuchung dar, jedoch keine Prävention. Dazu gehört mehr. Und schließlich muss der Mensch sich nicht „vor“ seiner Gesundheit, sondern vielmehr „für“ seine Gesundheit sorgen. Deshalb sollte man beim Begriff der Gesundheitsfürsorge bleiben.

Gesundheit erhalten

Gesundheitsfürsorge soll in erster Linie die Gesundheit erhalten, was wesentlich einfacher und effektiver ist, als nach einer Erkrankung wieder gesund zu werden. In der Regel haben Menschen die Möglichkeit, sich aktiv (und sogar kostenlos) für die eigene Gesundheit stark zu machen und eigenverantwortlich das persönliche Krankheitsrisiko zu minimieren. Verschiedene Untersuchungen zeigen jedoch, dass nur wenige bewusst etwas tun oder lassen, um ihre Gesundheit zu erhalten. Die meisten Menschen bevorzugen ihren üblichen, die Gesundheit beeinträchtigenden Lebensstil.

Unterschiedliche Maßnahmen

Eine ganzheitliche Gesundheitsfürsorge besteht aus vielen verschiedenen Maßnahmen mit dem Ziel der Gesundheit bzw. Gesundheitserhaltung. Die Aufgabe von Ärzten besteht in diesem Zusammenhang darin, eine qualifizierte ärztliche Anleitung zu einem gesunden Lebensstil zu bieten.

Unterschiedliche Interessenslagen

Die von verschiedenen Krankenkassen „geförderte“ Gesundheitsvorsorgeuntersuchung ist vor dem ­Hintergrund unterschiedlicher Interessenslagen zu sehen. Von Seiten der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) wurde der „Check-up 35“ ins Leben gerufen. Danach hat jeder Versicherte, der das 35. Lebensjahr vollendet hat, alle 3 Jahre Anspruch auf eine klar definierte Gesundheitsfürsorgeuntersuchung. Hier spielen aber vor allem wirtschaftliche Aspekte eine zentrale Rolle, da Krankheit die Wirtschaftsleistung messbar reduziert. Nicht nur Krankenkassen, sondern auch Unternehmen investieren in die Gesund­heitsfürsorge ihrer Mitglieder bzw. Mitarbeiter  – aus einem einfachen Grund: eine äußerst vielversprechende Rendite. Für jeden in die Gesundheitsfürsorge investierten Euro erhalten die Unternehmen mehrere Euro wieder zurück.

Im privatärztlichen Bereich hat im Grunde jeder Versicherte Anspruch auf Gesundheitsuntersuchungen. Jedoch ist hier die Frage der Erstattung der Kosten für diese Untersuchungen bei den verschiedenen privaten Krankenversicherungen (PKV) unterschiedlich geregelt. Gesundheitsuntersuchungen leistet die private Krankenversicherung in Abhängigkeit vom jeweils gewählten Tarif. Eine Altersbindung ist hier nicht zwangsläufig gegeben.

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV)

Die Gesundheitsuntersuchungen der GKV orientieren sich am Alter des Mitglieds und an einem einheitlich festgelegten Vorsorgeprogramm. Dieses wird durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegt (Abb. 1).

Abbildung 1 Gesundheitsuntersuchungsrichtlinien

Zu den wichtigsten Vorsorgeuntersuchungen zählen Kindervorsorgeuntersuchungen, die Gesundheitsuntersuchung und die Krebsvorsorgeuntersuchung. Den Gesundheits-Check inklusive Blut- und Urintest bieten die gesetzlichen Krankenkassen beiden Geschlechtern ab 35 Jahren an. Im Bereich der Früherkennung von Krebserkrankungen zahlen die GKV für Frauen ab 20 Jahren, ab 30 Jahren sind auch Brustkrebsvorsorgeuntersuchungen mit einbezogen. Die Kosten für einen Test auf Chlamydien werden zudem ab 25 Jahren übernommen. Männer haben erst mit 45 Jahren Anspruch auf die Kostenübernahme der Krebsvorsorge. Die Darmkrebsvorsorge wiederum wird Mitgliedern erst ab 50 Jahren bezahlt.

Die private Krankenversicherung (PKV)

Zuerst ist festzuhalten, dass die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen prinzipiell nicht für Privatpatienten gelten. Eine Ausnahme bildet die Beihilfe (s. unten). Und so sollte im Vorgespräch zur Gesundheitsuntersuchung auf die unterschiedlichen Erstattungsmodalitäten der privaten Krankenversicherer hingewiesen bzw. die Privatpatienten darauf angesprochen werden.

Generell ist im Zusammenhang mit der Rechnungsstellung von Vorsorgeuntersuchungen Vorsicht geboten. Viele Privatversicherer schließen nämlich reine Vorsorgeuntersuchungen ohne medizinischen Anlass von der Erstattung der Rechnung aus. Liegt eine krankhafte Veränderung vor oder ergibt sich aus dem Vorgespräch ein Verdacht, so ist die Angabe der entsprechenden Diagnose bzw. Verdachtsdiagnose auf jeden Fall im Sinne des Patienten von Vorteil. Im Gegensatz zu den Richtlinien des G-BA sind neben der reinen Vorsorgeuntersuchung noch weitere sinnvolle Untersuchungen durchzuführen. Welche Leistungen eine sinnvolle und aussagekräftige Gesundheits­fürsorgeuntersuchung beinhalten sollte, muss der untersuchende Arzt selbst festlegen und ggf. mit dem Patienten absprechen. In Abbildung 2  sind die wichtigsten Untersuchungen aufgelistet.

Abbildung 2 Was dr Komplett-Check umfassen sollte

Erstattung über die Beihilfe

Beihilfefähig sind nach § 10 BhVO die Aufwendungen aus Anlass von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nach Maßgabe der hierzu ergangenen Richtlinien des G-BA. Danach werden für Erwachsene ab 18 Jahren die Früherkennungsuntersuchungen von Krebserkrankungen von der Beihilfe erstattet, bei Frauen ab 30 Jahren einmal jährlich ein Mammografie-Screening. Soll über die Genanalyse das Risiko einer möglichen Brust- oder Eierstockkrebserkrankung festgestellt werden, ist diese bei gesunden Frauen bis zu einem Betrag von 360 Euro beihilfefähig. Ist jedoch eine Genuntersuchung zur Therapie und Verlaufsdiagnose erforderlich (z. B. bei einer Frau, die bereits an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt ist), werden die Kosten mit einem Betrag bis zu 5.900 Euro erstattet. Bei Männern wird ab dem 50. Lebensjahr einmal jährlich eine Untersuchung der Prostata und des Darms zur Früherkennung übernommen. Bei Frauen und Männern werden gleichermaßen ab dem 35. Lebensjahr alle 2 Jahre die Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Herz-, Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie Diabetes mellitus und das Hautkrebs-Screening beim Hautarzt erstattet. Schutzimpfungen als Präventionsmaßnahme werden entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) erstattet.

Was zur Gesundheitsuntersuchung gehört

Zwischen einem „Basis-Check-up“ und einem „Komplett-Check-up“ zu unterscheiden, ist nicht unbedingt sinnvoll, da die Übergänge fließend sind. Natürlich sollte bei einem älteren Patienten mit Risikofaktoren eine umfangreichere Untersuchung durchgeführt werden.

In diesem Zusammenhang ist auch zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention zu unterscheiden. Die Primärprävention spricht gesunde Menschen an, bei denen noch keine Risikofaktoren vorliegen und bei denen ein entsprechender gesunder Lebensstil gefördert werden soll, um das Auftreten von Risikofaktoren (z. B. Cholesterinämie, Hypertonie, Übergewicht) zu verhindern. Im Zuge der Sekundärprävention sind verschiedene Risikofaktoren schon vorhanden und es geht darum, diese zu ­erkennen und das Auftreten von Erkrankungen zu verhindern. Die Tertiärprävention soll bei Vorliegen entsprechender Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, KHK, Hypertonie) ein Fortschreiten der Erkrankung verhindern.

Das ausführliche Gespräch, mit Erhebung von Vorerkrankungen, Risikofaktoren und Familiengeschichte, steht am Beginn des gesamten Programms. ­Danach richtet sich dann auch der Umfang des Check-ups bzw. der sinnvollen Zusatzuntersuchungen. Wichtig ist auch die Kontrolle des Impfstatus der Betroffenen (auf die Vorlage des Impfausweises sollte schon im Vorfeld bei der Terminabsprache hingewiesen werden).

Nicht zuletzt ist natürlich die körperliche Untersuchung die zentrale Maßnahme der Gesundheitsfürsorgeuntersuchung. Auch wenn die Untersuchung des Hautorgans dazugehört, kann bei entsprechenden Auffälligkeiten zusätzlich noch die Dermatoskopie durchgeführt werden.

Ergebnisbesprechung

Nach Vorliegen sämtlicher Untersuchungsergebnisse sollte ein ausführlicher Besprechungstermin den Abschluss bilden. Dieser Termin beinhaltet zuerst einmal die Mitteilung der erhobenen Befunde. Diese sind anschließend mit den Patienten zu besprechen und mit Blick auf mögliche Auswirkungen auf die weitere Lebensgestaltung zu erörtern. Insbesondere das individuelle Risikoprofil der Patienten ist jeweils anzusprechen. Vor allem müssen den Betroffenen auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse das sich daraus möglicherweise ergebende Risikoprofil erläutert und entsprechende Lösungsansätze aufgezeigt werden. Ebenso ist auf Möglichkeiten und Hilfen zur Vermeidung und zum Abbau gesundheitsschädigender Verhaltensweisen hinzuweisen. Hier sollte der privatärztlich Tätige die Möglichkeit nutzen, dem Betroffenen eine umfangreiche Hilfestellung anzubieten. Dazu gehören beispielsweise ­Angebote einer Ernährungsberatung oder einer Beratung zur nachhaltigen Umstellung der Lebens­gewohnheiten. Entsprechend der Schwerpunkte des Behandlers können auch Bewegungsseminare, Laufseminare oder Ähnliches in das Programm mit aufgenommen werden.

Die immer wieder zu hörende Ergebnismitteilung „Alles in Ordnung“ sollte unbedingt der Vergangenheit angehören. Natürlich ist die Feststellung der Tatsache, dass kein pathologischer Befund zu erheben war, eine erfreuliche Tatsache. Die Frage, die sich nun, gerade im Zusammenhang  mit der Privatmedizin stellt, ist die nach dem Erhalt der Gesundheit. Also: Was ist zu tun, um die Gesundheit der Patienten zu erhalten?

Diesen Ansatz der „Gesunderhaltung“ hat schon der israelisch-amerikanische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky mit seiner „Salutogenese“ verfolgt. Die Salutogenese als Gegenstück zur Pathogenese soll Aufschluss darüber geben, wie Gesundheit entsteht bzw. erhalten werden kann.

Der Fall
Status gesund, lebensstil optimierbar

Herr P., 43 Jahre alt, 184 cm groß bei 82 kg Gewicht, stellt sich zur Gesundheitsuntersuchung vor. Von ­Beruf Verwaltungskaufmann, ist er zeitlich sehr eingespannt, sitzt fast den ganzen Tag am Schreibtisch, und für sportliche Aktionen bleibt wenig Zeit. Aus dem Vorgespräch ergibt sich Folgendes: Bislang immer gesund, keinerlei Operationen, keine Medikamenteneinnahme. Allergien werden verneint, er ist Nichtraucher. Gelegentlich ein Glas Wein oder ein Bier. Normale Verdauung, Miktion unauffällig. Beruflich bedingt unregelmäßige Mahlzeiten. Sein Vater habe Bluthochdruck und der Großvater sei am Herzinfarkt gestorben.

Es wird eine körperliche Untersuchung durchgeführt, eine Blutentnahme für ein komplettes Blutbild, eine Urinanalyse und ein EKG erfolgen. Zur weiter­führenden Diagnostik (Oberbauchsonografie, ­Lungen­funktion, Belastungs-EKG und Gefäß-Doppler) wird ein gesonderter Termin vereinbart.

Pathologische Befunde: leicht erhöhtes Gesamt­cholesterin, bei normalem LDL-Wert. Zur Ergebnisbesprechung wird erneut ein gesonderter Termin vereinbart.

Auf die tabellarische Darstellung der einzelnen ­Laborparameter wird aus Platzgründen verzichtet. Beachten Sie in diesem Zusammenhang jedoch, dass Laboruntersuchungen der Abschnitte MIII und MIV ausschließlich von Ärzten berechnet werden dürfen, die die Laboruntersuchungen selbstständig erbracht haben. Werden Laborärzte mit der Durchführung solcher Laboruntersuchungen beauftragt, so rechnen diese direkt mit dem Patienten ab. Das gilt im Übrigen auch im Zuge der Durchführung von individuellen Gesundheitsleistungen.

Die Befundbesprechung

In einem ausführlichen Gespräch werden dem Patienten die Ergebnisse dargestellt und mit ihm diskutiert. Der bisherige Lebensstil hat lediglich isoliert zu einem leicht erhöhten Cholesterinwert geführt. Die notwendige Änderung des Lebensstils, hin zu einer regelmäßigen und bewussten Ernährung in Kombination mit ausreichender Bewegung, werden erörtert. Vor allem die Ernährungsumstellung ist ­dabei sehr wichtig, um einen weiteren Anstieg des Cholesterins und damit des LDL-Werts zu verhindern. Die Notwendigkeit einer effizienten Änderung der Ernährungs­gewohnheiten sowie des beruflichen ­Engagements und die Implementierung eines täglichen Bewegungsprogramms werden ausführlich dargestellt. Dazu wird dem Patienten abschließend noch ein individuell angefertigter Ernährungsplan als Richtlinie zur Ernährungsumstellung ausgehändigt.

Der Autor

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de

Dr. Dr. Peter Schlüter ist promo­vierter Naturwissenschaftler und ­Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemein­medizin mit betriebs­­wirtschaftlich ­opti­mierter Praxis nieder­gelassen. Als Berater zu allen ­Fragen der Praxisorganisation, Praxis­manage­­ment und ­Abrechnung ist er seit 1987 tätig.

Bildnachweis: privat

Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

123-nicht-eingeloggt